Dienstag, 11. September 2007

Mehlschwalben bei uns

(Die Bilder zum besseren Betrachten bitte anklicken!)
Hat sich dieses Jahr doch tatsächlich ein Schwalbenpärchen auf unserem Neubaubalkon im 3. Stock niedergelassen. Angefangen hat alles damit, dass sich zwei Mehlschwalben auf unserer aufgerollten Markise niederließen und miteinander turtelten. Ein paar Tage später fingen sie an, die Fassadenwand mit Haftgrund zu versehen. Hierbei half wohl die ganze Verwandtschaft, denn es ging zu wie im Taubenschlag. Einen Tag später, den 16.05.07, begann unser Schwalbenpaar mit dem Bau ihrer Eigentumswohnung.



Sie ließen sich in den ersten Tagen viel Zeit. Wahrscheinlich wollten sie uns erst einmal testen, ob wir das Nest wieder abhauen oder sie willkommen heißen.


Von vielen Seiten bekamen wir zu hören, dass die Schwalben auf dem Balkon alles voll scheißen und sie die Nester deshalb abschlagen. Wir jedoch nahmen die Tiere als neue Familienmitglieder auf.
Meine Frau hatte sich schon immer Haustiere gewünscht, doch ich war dagegen. Haustiere bedürfen intensiver Pflege und Betreuung sowie artgerechter Haltung. Ich bin der Meinung, dass eine Neubauwohnung nicht das richtige Umfeld für Tiere ist. Doch bei den Mehlschwalben sehe ich das anders. Sie sind zu einem Teil integriert, zum anderen Teil noch frei und unabhängig.
Jeden Tag beobachteten wir die Schwalben beim Nestbau, wie es Stück für Stück vorwärts ging. Am 22.05.07 war das Nest so weit vorangeschritten, dass sie das erste Mal darin übernachteten. Hautnah konnten wir erleben, wie zärtlich Schwalben miteinander umgehen können. Es kann auch anders sein, doch dazu später mehr.


Fertig war ihr Nest am 26.05.07. Da unsere Mehlschwalben in totaler Liebesstimmung waren, kam es gut, dass wir erst einmal in den Urlaub fuhren.



Kaum aus unserem zweiwöchigen Urlaub zurückgekommen, interessierte uns, ob unsere Schwalben schon Junge hätten. Es war aber noch nicht so weit. Erst Mitte Juni bemerkte meine Frau als erste die Eierschalen, welche nach und nach aus dem Nest flogen. Vier halbe Eierschalen haben wir gezählt, von ca. ein Zentimeter Größe. In den nächsten Wochen mussten sich die Eltern um ihre Jungen kümmern. Je größer sie wurden, desto hungriger waren sie. Im Ein- bis Zweiminutentakt sah ich die Schwalben ihr Nest anfliegen, um ihren Nachwuchs zu versorgen. Nachdem die beiden jungen Schwalben kräftig genug waren, kamen sie zum Eingang und steckten
Ihre Hälse heraus.

Jeder wollte als erster gefüttert werden. Hierbei gab es so manchen Streit und Zank. So richtig konnten wir nicht unterscheiden, wer welcher von den Jungen ist. Jedoch schien uns, dass immer ein und derselbe an der Öffnung hing und seinen Hals zum Füttern herausstreckte. Das Zweite kam uns viel kleiner vor. Doch brauchten wir kein Mitleid haben, denn es konnte sich ganz schön zur Wehr setzen. Erst versuchte das zweite Junge seinen Kopf mit durch die Öffnung zu stecken; als das abgewehrt wurde, attackierte es den anderen von der Seite und es artete in einer Art Schlägerei aus mit viel Tumult im Nest und einer nicht gerade ohrenfreundlichen Kreischerei wie: krrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr, krrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr. Der Größere von beiden tauchte danach wieder auf und hielt den Schnabel zum Füttern hin.
Ein andermal saß meine Frau auf dem Balkon und sah den Schwalben wieder zu. Flaumi, so nannte sie den Dickeren der beiden Schwälbchen, zum einen, weil er noch ein Flaumkleid besaß und zum anderen, weil er den Kleineren oft zurückdrängte. Jedenfalls schaute Flaumi aus dem Nest und bekam gerade wieder Futter. Danach wurde er plötzlich ganz unruhig, sah meine Frau an und verschwand im Nest. Nach kurzer Zeit war er wieder da, schaute wieder herunter und sah meine Frau immer noch, mit einer Kamera in der Hand. Sie erzählte ihm, dass er jetzt ein Filmstar wäre und nun gefilmt würde. Doch die kleine Schwalbe war immer noch unruhig. Was passierte. Sie drehte sich plötzlich um und hing ihren Hintern heraus, um ihr Geschäft zu machen.
Es wurde Zeit, ein Schwalben-WC zu installieren. Ich stellte unter das Nest einen großen Topf mit Wasser, welches ich jeden Tag wechselte. So hielt ich auch Gestank und Krankheitserreger vom Balkon fern.
Einmal philosophierten wir, ob ein Elternteil Flaumi festhielt, um dem Kleineren auch Futter zu ermöglichen. Einer von den Eltern flog nämlich in das Nest, worauf das Kleinere der jungen Schwalben erschien und das Köpfchen herausstreckte. Danach bekam es Futter vom anfliegenden Elternteil.
Wir beobachteten öfter unter den Jungvögeln einige Streitereien, die richtig zur Sache gingen. Meist wollte einer alleine an der Fressluke stehen. Auch war es an den Sommertagen ganz schön heiß, so dass im Nest enorme Hitze herrschen musste. Es gab aber auch Tage, an denen sich beide Jungen vertrugen und gemeinsam herausschauten.
Dann kam die Zeit, in der sich die Jungvögel immer weiter herausstreckten und vom Nest aus versuchten, die Flügel auszubreiten bis sie Ende Juli den Mut fanden und hinausflogen. Zu der Zeit kamen die Schwalben erst am Abend gegen 21.15. Uhr zurück. Ende August kehrten sie schon gegen 20.00 Uhr in ihr Nest ein.

Eine kleine Sonntagsgeschichte zwischendurch, bei dem die Schwalben nicht früh aus dem Nest fliegen wollten:

Es war am 19.08.07 früh morgens um 08.00Uhr. Die Schwalbennachbarn waren alle schon unterwegs und kamen angeflogen zu unseren Schwalben. „Kommt, ihr liegt ja alle noch im Nest!“ „Ja, ja wir sind noch im Nest“, antworteten unsere. “Na kommt raus! Draußen ist es schön, die Sonne scheint, blauer Himmel, wir haben ne Futterquelle entdeckt, ganz irre Mücken, dicke fette Biester und lauter Fliegen.“ „Nee wir wollen kuscheln!“ „Schwalbis kommt doch raus!“ Unsere wieder: “Nee wir wollen kuscheln!“ Dann kamen die nächsten Nachbarn und sahen unsere Schwalben auch noch im Nest: „ Schwalbis kommt alle raus! Hier ist es so schön!“ „Nee wir wollen kuscheln!“ Die Schwalben aus dem oberen Stockwerk kamen runter: „Was ist denn? Immer noch im Nest?“ „Jaaa!“ „Ey Kumpels wir haben ne ganz irre Futterquelle gefunden, da sind ganz tolle Fliegen, dicke fette Brummer, oh lecker, lecker!“ Unsere wieder: „Nee wir wollen kuscheln, heut ist Sonntag, schön kuscheln!“ „Wollt ihr nicht raus!“ „Nee wir wollen alle kuscheln!“ So, die nächsten kamen. „Kommt her, ihr seid ja immer noch im Nest, die ganze Nachbarschaft ist schon draußen, es ist so schönes Wetter!“ „Neeeeeee wir wollen heute kuscheln, heute ist Kuscheltag, heut ist Sonntag!“ Jedenfalls haben die Nachbarn so lange genervt, bis sich unsere Schwalbenfamilie hat überreden lassen, und der Hunger hat sie dann auch rausgetrieben.

Eines Abends war draußen bei den Schwalben wieder ganz lautes Gezeter. Da musste meine Frau natürlich gucken, was los war. Mir ging es an dem Abend nicht gut und ging schon kurz vor acht ins Bett. Sie jedenfalls raus und sah die Schwalben gerade heimkehren. Drei waren schon im Nest und die vierte wollte auch hinein, doch sie wurde nicht hineingelassen. Draußen am Nest angeklammert versuchte der Vogel immer wieder wie durch Klimmzüge in das Nest zu kommen, doch keine Chance. Die anderen haben sie behakt und ließen die Schwalbe nicht hinein. Dann ließ die Kraft wohl nach, und sie hing nur noch an einem Bein, Danach ließ sie los und flog durch die weit offene Balkontür in das Wohnzimmer. Draußen war es nun auch schon dunkel und im Zimmer hell. Die Schwalbe knallte von einer Ecke zur anderen und meine Frau lief aufgeregt hin und her und hat sie bestimmt noch verrückter gemacht damit. „Hier Schwälbchen, hier musst du raus“, rief sie hinterher. Dann ist die Schwalbe hinter unserem Heimtrainer gelandet und hat nach Luft geschnappt. Beide haben sich dann eine Weile angesehen und meine Frau zeigte ihr noch mal den Weg Richtung Balkon. Nachdem der Vogel wieder Kraft gesammelt hatte, flog er wieder wirr los hin und her und landete letzten Endes hinter dem Computertisch. Dort ließ meine Frau ihn dann in Ruhe bis zum nächsten Morgen. Am nächsten Tag sah ich den kleinen Vogel noch in der Ecke sitzen, sperrte die Balkontür auf und betrat das Wohnzimmer für eine Stunde nicht mehr. Ich vernahm auch Vogelgezwitscher, als ob die Schwalben nach ihm gerufen haben. Er war auch nicht mehr im Zimmer, als ich nachschaute. Mein Frauchen war ganz aufgeregt, als sie mir die Geschichte vom Abend erzählte.

Ab dem 05. September haben wir unsere Schwalben dann nicht mehr gesehen. Sind auf und davon in Richtung Süden.



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